Die wunderbare Welt von Bamberg

Wie ein Goldendoodle schussfest wird

Die Ausbildung für Jagdhunde gilt heute noch als extrem hart. Von den Hunden wird sehr viel Können und absoluter Gehorsam verlangt. Und noch heute hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Jäger ihre Hunde schlagen, damit sie die hochgesteckten Ziele erreichen. Wir haben den Selbsttest gemacht und eine ganz andere Erfahrung gemacht.

Goldendoodle Maya bockt mal wieder. Foto: Ronald Rinklef

Lautstark mit unserem sechs Monate alten Hundebaby diskutierend blockieren wir den ganzen Gehweg. Ein Bekannter kommt vorbei und schaut eine Weile schmunzelnd zu. „So wird das nichts, geht doch in die Hundeschule mit der Kleinen“, rät er. „Ja schon, aber in welche?“ fragen wir wie aus einem Munde. Wir haben die Hundeschule der Vorgängerin noch in schauderhafter Erinnerung und sind uns sicher: Nie mehr wieder werden wir uns so welt- und lebensfremde Ansichten anhören, wie man sie uns dort eintrichtern wollte. „Na zu den Jägern“, meint unser Bekannter, dessen Deutsch-Drathaar-Rüde auch jagdlich geführt wird. „Die bringen euch in kürzester Zeit bei, mit so einem kleinen Dickkopf fertig zu werden“. Auf dem Heimweg erörtern wir Sinn und Unsinn einer Jagdhunde-Ausbildung für einen Golden Doodle, der zwar sehr lernwillig ist und allen gefallen möchte, gleichzeitig aber seinen eigenen Kopf durchsetzen will. Schließlich siegt die Neugier und wir melden uns an. Der Kurs beginnt in wenigen Wochen und ist der einzige „Dressur Lehrgang“, der pro Jahr angeboten wird.

Schon die erste Stunde – ohne Hund – ist ein Erlebnis. 36 Jagdhunde werden am Kurs teilnehmen, darunter zwei „Begleithunde“. Einer davon ist Maya, unser jüngstes Familienmitglied. Von Mitte März bis Ende Juni soll sie die Grundkommandos sicher beherrschen lernen und Schussfestigkeit üben. Für uns ist dann Schluss, die Jaghunde machen weiter. Der „Brauchbarkeits“-Kurs bis Oktober vermittelt echtes Jagdhunde-Wissen wie Vorstehen, Stöbern, Apportieren und vieles mehr.

Wir sind skeptisch. Die Jagdhunde-Ausbildung gilt auch heutzutage noch als extrem hart, die Anforderungen sind hoch, die Erwartungen auch. Was wir uns gar nicht vorstellen können ist die Tatsache, dass 36 junge Hunde miteinander im Wald sitzen und schwierigste Sachen lernen sollen, ohne miteinander spielen zu dürfen. Und wie schaffen wir es, zwölf Sonntag Vormittage auf dem Hundeplatz durchzustehen? Denn Schule ist an – fast – jedem Sonntag von 08:00 bis 12:00 Uhr, bei jedem Wetter.

Dann ist es endlich soweit: der erste Hundeschul-Tag beginnt!

Wir stehen mitten auf einer Lichtung und atmen frische Waldluft. Der Morgennebel lichtet sich gerade zwischen den Bäumen, Vogelgezwitscher und der würzige Duft nach taufrischem Gras und Kräutern erfüllt die Luft. Die Jäger kommen an, aus ihren Autos hüpfen die unterschiedlichsten aufgeregten jungen Hunde: Ich erkenne auf Anhieb nur die wenigsten Rassen wie Dackel, Weimaraner, Labrador, Münsterländer, Magyar Vizsla sowie Deutsch-Drathaar. In Mitten der vielen Jagdhunde steht Maya. Ein blondes Fellknäuel, das sich unsicher an unsere Beine schmiegt.

Foto: Ronald Rinklef

Wir stellen uns in einem großen Kreis auf und der Unterricht beginnt mit einem Fahrradfahrer, einem Jogger, einem Spaziergänger und einem Nordic-Walker, die im Slalom zwischen den Hunden durchlaufen, die sitzen bleiben sollen. Die Trainer klingeln und klappern mit ihren Stöcken. Für manchen Jagdhund schon eine Herausforderung, für unser „Stadtkind“ eine entspannte alltägliche Situation.

Dann läuft immer ein Jäger mit seinem Hund im Slalom die Runde ab, sobald er sie beendet, ist sein Nachbar dran. Die Hunde müssen sitzen oder liegen bleiben, der laufende Hund muss bei Fuß bleiben und zügig an den Kameraden vorbei gehen. Wir üben „sitz!“, „Platz!“ und „bleib!“, im Slalom an Pfosten vorbei, „bei Fuß“ laufen und stehen bleiben, apportieren und über Hindernisse springen. – Eine ganze Menge für einen kleinen Hund, der nach zwei Stunden eine Pause braucht und nach einem so anstrengenden Vormittag den ganzen Nachmittag verschläft.

Foto: Ronald Rinklef

Die Woche über wird geübt – mal die eine, mal die andere Situation in die tägliche Gassi-Runde eingebaut. Schon in der zweiten Stunde merken wir, wie viel Maya gelernt hat. Spielerisch und ohne Zwang. Und noch eines fällt auf: Wie sehr die Liebe zum Tier im Vordergrund steht. Nicht nur bei den Jägern, sondern auch bei den Trainern. Die Dressur erfolgt immer über Belohnung, kein Hund wird bestraft oder gar geschlagen. Erziehung funktioniert über Lob und liebevolle Konsequenz.

„Der Hund lernt in 0,5 Sekunden. Er muss sofort belohnt werden, damit er das Gelernte auch langfristig abspeichert“, erklärt Obmann Ingo Hermann, Leiter der Hundeabteilung bei der BJV-Kreisgruppe Bamberg. „Wenn ein Hund etwas richtig macht und du kramst erst danach Minuten lang in deiner Tasche, um ein Leckerli herauszufischen und der Hund schaut in dieser Zeit zum Beispiel ein Kind an und denkt sich, „das könnte ich doch mal umschubsen“ und bekommt in diesem Augenblick das Leckerli ins Maul geschoben, rennt er los und schubst das Kind um. Für den Hund ist das ganz logisch.“ Herrmann weiß genau, wovon er spricht und auch, wie ein Hund „funktioniert“. Denn er hat Hundetrainer studiert und ist unter anderem Verhaltensberater in Tierpsychologie.

Gruppenfoto der Hundeausbilder Foto: Ronald Rinklef

Seit sechs Jahren leitet er mit acht weiteren Ausbildern die Hundeausbildung bei den Bamberger Jägern, ist mittlerweile aber auch Verbandsrichter, Hundeernährungsberater und selbst erfolgreicher Hobbyzüchter von großen Münsterländern. Doch nicht nur Bamberger Jäger lassen ihre Hunde von Ingo Hermann und seinen Kollegen ausbilden. Aus Thüringen, Luxemburg, der Schweiz und vom Bodensee kommen Hundehalter, um sich Tipps und Tricks von Hermann zeigen zu lassen, der dank einer Zusatzprüfung nicht nur Jagd- sondern auch Begleithunde ausbilden darf.

Foto: Ronald Rinklef

„Wichtig ist es, dass Hund und Führer Ruhe und auch zuschauen-können lernen“, erklärt Ingo Hermann. Denn beim Zuschauen lernt nicht nur der Besitzer, sondern auch der Hund. Das erleben wir mit Maya an jedem Hundeplatz-Tag. Und wir werden tatsächlich ruhiger im Umgang mit unserem Vierbeiner und geben diese Ruhe an ihn weiter. Zusammen entwickeln wir uns weiter und werden zu einem Team, lernen auch, einander zu vertrauen.

Foto: Judith Rinklef

„Fördern, aber nicht überfordern“ ist das Motto jeder Ausbildung bei den Jägern. Schon im Welpenkurs beginnt – für Hunde im Alter ab neun bis zehn Wochen – das Hinführen an die Jagd.  Im Dressurlehrgang geht es darum, „den Hund zu einem angenehmen Begleiter in allen Lebenssituationen zu erziehen. Egal, ob er als Familienhund in der Stadt oder als vielseitiger Jagdbegleiter mit Familienanschluss gehalten und eingesetzt wird.“ Und für die Brauchbarkeitsprüfung lernt ein Jagdhund Schweiß-, Schlepp- und Wasserarbeit sowie Gehorsam für die Prüfung, die das bayerische Jagdgesetz vorschreibt.

„Unser“ Kurs ist vorbei. Maya hat die Prüfung bestanden und auch wir haben viel dazu gelernt. Und wir haben eingesehen: Hundeschule ist nicht gleich Hundeschule. Die Kurse bei den Bamberger Jägern können wir uneingeschränkt empfehlen. Denn hier gehen alle Trainer individuell auf ihre „Schüler“ ein – auf die zweibeinigen wie die vierbeinigen. Und sie suchen nach einfachen und umsetzbaren Lösungen für jedes Problem zwischen Hund und Mensch. Das fällt Ingo Hermann nicht nur leicht, es macht ihm auch viel Spaß. „Hunde sind wie ein offenes Buch für mich. Man muss sie nur lesen können“, verrät er sein Geheimnis und lacht.

Gruppenfoto mit allen Teinehmern Foto: Ronald Rinklef

Neugierig geworden? Informationen gibt es unter www.jagd-in -bamberg.de

Unser Dank gilt dem Team von Ingo Hermann und besonders

Ingo für die vielen Informationen, Anekdoten und den wunderschönen Abend,

Barbara für ihre wertvollen Ergänzungen und ihre ansteckende Begeisterung und

Kerstin für ihre Aufmunterung und ihr Lob, über das wir uns jedes Mal ebenso gefreut haben wie Maya.

Sie ist eine der bemerkenswertesten Menschen, die wir je kennengelernt haben. Denn sie hat eine der schwierigsten Sprachen der Welt gelernt, um ihren aus Ungarn stammenden Hunden die Kommandos in deren Muttersprache geben zu können. Kerstin, du hast unsere absolute Hochachtung!

Text: Judith Rinklef Fotos Judith und Ronald Rionklef

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